Mülldeponie Körper

Im Jahr 2004 verblüfften Experten der angesehenen Naturschutzorganisation World Wildlife Fund (WWF) die Öffentlichkeit mit den dramatischen Ergebnissen einer bis dahin einmaligen Untersuchung. Bei Blut- und Urintests unter 39 Abgeordneten des Europäischen Parlaments und 14 EU-Gesundheitsministern entdeckten sie bedenkliche Mengen hochkritischer chemischer Substanzen wie Schwermetalle und anderer problematischer Speichergifte.

 Die Plastik-Weichmacher gelten als extrem gefährlich für die Gesundheit

So fanden die Forscher allein 25 Mal hohe Rückstände von industriell hergestellten Stoffen wie Flammschutzmittel, Unkrautvernichtern und Chlorverbindungen PCB (polychlorierte Biphenyle). Bei 13 Volksvertreten entdeckten sie Überreste von sogenannten Phthalaten und Perfluorverbindungen.

Die Plastik-Weichmacher gelten als extrem gefährlich für die Gesundheit, weil sie unter anderem aktiv in den Hormonhaushalt des Menschen eingreifen können, biologisch nur schwer abbaubar und kaum wieder aus dem Körper zu bringen sind. Wir finden sie im Buttereinwickler, im Lieferkarton der bestellten Pizza und in den meisten Verpackungsmaterialien, ebenso wie in Feuerlöschschäumen, Imprägniermitteln oder in der Möbelpolitur.

Diese kreuzgefährlichen „endokrinen Disruptoren“ sorgen auch dafür, dass in der Bratpfanne nichts anhaftet oder Textilien wie Freizeitjacken atmungsaktiv bleiben.

Sitzen auf einer Zeitbombe

Die medienwirksame Aktion der WWF-Wissenschaftler wirft ein grelles Schlaglicht auf ein heikles Thema, das nur allzu gern verharmlost und unter den Teppich gekehrt wird: Die Verschmutzung unserer Umwelt mit Chemikalien nimmt rapide zu – innerhalb der letzten vier Jahrzehnte um mehr als das Zehnfache. Eine rund 200 Millionen Tonnen schwere Giftlawine wälzt sich Jahr für Jahr über uns und die Erde hinweg. Industrie und Verkehr verpesten mit täglich weiteren 13 Millionen Tonnen von toxischen Abgasen und Feinstäuben die Atmosphäre. Im Schnitt sind das zwei Kilogramm pro Mensch.

Die Verschmutzung unserer Umwelt mit Chemikalien nimmt rapide zu – innerhalb der letzten vier Jahrzehnte um mehr als das Zehnfache.

Mehr als jemals zuvor in der Weltgeschichte finden krankmachende Schadstoffe aus der Umwelt über die Atemwege, die Nahrung und die Haut ihren Weg in den Organismus. Wir sitzen auf einer Zeitbombe, die jederzeit hochgehen kann.

Die tagtäglichen Horror-Schlagzeilen wie „Quecksilber im Fisch“, „Wurst als Krebserreger“, „Hormone im Leitungswasser“, „Pestizide im Gemüse“, „Dioxin in Eiern“, „Aluminium im Deo“ oder „18 Tonnen Plastikmüll auf der entlegendsten Insel der Welt“ nehmen wir meist ungerührt zur Kenntnis.

Unsere ach so hoch technisierte, „zivilisierte“ Lebensart hat uns gegenüber Lebensmittelskandalen und der explosionsartig angestiegenen Belastung mit toxischen Chemikalien offenkundig abgestumpft. Eigentlich wollen wir diese Schreckensmeldungen gar nicht mehr hören. Dabei müssten sämtliche Alarmglocken läuten, denn die Umweltverschmutzung der Erde ist gleichzeitig auch eine Gesundheitsverschmutzung des Menschen.

Erdrückende Schadstoff-Lawine

Eine Zahl mag die Giftschwemme, der wir 24 Stunden am Tag ausgesetzt sind, noch verdeutlichen: Zurzeit gibt es rund 140.000 Produkte der chemischen Industrie auf dem Markt, Mitte der 60er Jahre waren es gerade einmal einige Tausend.

Synthetische Chemikalien haben sich inzwischen überall in unserem Alltag breitgemacht – in der Nahrung ebenso wie in den Kleidern oder in unseren Wohnungen. Wir finden Konservierungsstoffe, Lösungsmittel, Treibgase und Weichmacher in Kosmetika, Lacken, Insektiziden, Wasch- und Reinigungsmitteln, in jeder Sprayflasche, unterhalb der Spüle oder in der Garage.

In Nahrungsmitteln wie Milch und Fleisch entdecken wir unter anderem Rückstände von Medikamenten wie Antibiotika, Schmerzmitteln, Blutfettsenkern oder synthetischen Geschlechtshormonen.